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2. Dezember 2019: Diskriminierung an Schulen in Mitte wirksam bekämpfen

Am 25. November fand die Auftaktveranstaltung der Gesprächsreihe „Empörung reicht nicht! Antidiskriminierung an Schulen“ im Bezirk Mitte statt. Gastgeber*innen waren Bettina Jarasch, MdA, Sprecherin für Integration & Flucht und Religionspolitik, und Sebastian Walter, MdA, Sprecher für Antidiskriminierungs-, Haushalts- und Queerpolitik, der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus, zusammen mit dem grünen Kreisverband Mitte.

Auf das Podium geladen waren Expert*innen aus der Bildungs- und Beratungsarbeit von Landes- und Bezirksebene : Schulleiterin Annedore Dierker (der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule in Moabit), Nuran Yiǧit vom Berliner Netzwerk gegen Diskriminierung in Schule und Kita (BeNeDiSK), Siga Mbaraga von NARUD e.V. sowie Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschusses Berlin.

In seiner Begrüßung machte Ario Mirzaie, Kreisvorstand Bündnis 90/Die Grünen Mitte, wie wichtig die Bekämpfung aller Diskriminierungsformen, besonders in einem so diversen Bezirk wie Mitte, sei.

Diskriminierung findet überall statt – auch in Schulen

Bettina Jarasch schloss sich ihm an und verdeutlichte zunächst, dass Diskriminierung strukturell und institutionell in allen Bereichen der Gesellschaft und somit auch in Schulen, wirkt. Außerdem betonte sie die Möglichkeit, innerhalb der Schulen bereits bekannte Prozesse der diversitätsorientierten Organisationsentwicklung anzustoßen, die zu mehr Vielfalt und mehr Bewusstsein für (strukturelle) Diskriminierung im Schulbetrieb führen können. In diesem Sinne ging es im Rahmen der Veranstaltung ausdrücklich nicht um die Frage, OB es Diskriminierung an Schulen gibt, sondern darum, WIE mit Diskriminierung umgegangen werden kann und WELCHE professionellen Präventionsstrategien entwickelt werden können. Daran anknüpfend, wurde bereits zu Beginn der Diskussion deutlich, dass Diskriminierungen an Schulen auf allen Ebenen, innerhalb der Gruppe der Schüler*innen, aber ebenso zwischen Lehrpersonal bzw. Schulleitung und Schüler*innen auftreten können.

Unzureichende Handlungsoptionen bei Diskriminierungsvorfällen

Eine zentrale Herausforderung, die sich
bei der Thematik stellt, ist das konkrete Vorgehen bei
Diskriminierungsvorfällen an Schulen. In vielen Fällen führt
selbst ein langwieriger und aufreibender Beschwerdeprozess zu keiner
Verbesserung der Situation, so dass für betroffene Schüler*innen
häufig nur ein Schulwechsel als letzter Ausweg bleibt. In diesem
Zusammenhang brachten die Podiumsteilnehmer*innen auch ihre
Wertschätzung gegenüber dem Umgang mit Beschwerden von Saraya Gomis
(Antidiskriminierungsbeauftragte für Schulen in Berlin) und ihr
Bedauern über die Niederlegung ihrer Arbeit zum Ausdruck.

Konkrete Maßnahmen um Diskriminierung vorzubeugen

Einen weiteren Schwerpunkt der
Diskussion bildeten Lehrpläne, Lehrbücher und die Gestaltungen von
Klassenzimmern. An diesen Stellen werden oft kolonialrassistische
und/oder eurozentristische Bilder und Vorstellungen transportiert und
reproduziert. Hier könnten Lehrbücher, die vielfältige und diverse
Menschen abbilden, Lehrpläne, die sich mit der Kolonialvergangenheit
Deutschlands und Europas auseinander setzen und sensibles
Lehrpersonal auf sehr direktem und konkretem Wege Abhilfe schaffen.
Über die Unterrichtsmaterialien hinaus zeigte Nuran Yiǧit auf, wie
Berliner Schüler*innen regelmäßig durch eine gewisse Ansprache
rassifiziert und als Andere markiert werden. An dieser Stelle würde
es für die betroffenen Schüler*innen einen erheblichen Unterschied
machen, als Berliner*innen angesprochen zu werden. Daran anknüpfend
wurde der Bedarf nach einer praxis- und antidiskriminierungssensiblen
Lehrer*innen-Ausbildung deutlich.

Die Politik handelt: Mit dem LADG und einer Unbhängigen Beschwerdestelle für Schulen

Zum Abschluss verwies Sebastian Walter noch einmal auf das Positionspapier der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus Empörung reicht nicht! Für ein Gesamtkonzept gegen Diskriminierung an Berliner Schulen, sowie auf das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG), welches vom Senat verabschiedet wurde und nun zwischen den Koalitionspartner*innen im Abgeordnetenhaus verhandelt wird. Dieses schafft einerseits eine weitere rechtliche Grundlage, um gegen (institutionelle) Diskriminierung an Schulen vorzugehen, andererseits werde aktuell zwischen den Koalitionsfraktionen die Realisierung der Unabhängige Beschwerdestelle für Schulen diskutiert.

Auch unsere Gäste brachten sich ein

Über die Podiumsdiskussion hinaus ermöglichte das Fishbowl-Format
auch eine Beteiligung des Publikums auf Augenhöhe. Die Gelegenheit wurde
gerne genutzt: Für Nachfragen und Kommentare, aber auch für die
Vorstellung von Organisationen, für Vernetzungsangebote und
Buchvorstellungen.

Fazit: Empörung reicht nicht!

Was bleibt nach diesem Abend? Für mich haben sich besonders zwei Erkenntisse für eine Schulkultur der Vielfalt herauskristalisiert: Diskriminierung fängt oft ungewollt und sogar gut gemeint an. Und, Bündnisse aller an Schule Beteiligten sind der richtige Weg!

Auf dem Weg zu einem diskriminierungsfreien Bildungssystem gibt es jedoch noch viel zu tun. Ein Anfang im Bezirk Mitte ist gemacht – für den Wedding ist bereits aus diesem Abend ein Mini-Bündnis entstanden. Sebastian Walter schloß mit dem Ausblick auf einen vertieften Austausch, der natürlich auch intersektionale Zusammenhänge von Diskriminierung in den Blick nehmen muss. Dabei geht es uns GRÜNEN auch um die Weiterentwicklung des bereits vorliegenden Positionspapiers der Abgeordnetenhausfraktion. Denn wir wollen die Bemühungen des Senats zur Bekämpfung von Diskriminierung an Schulen weiter begleiten und unterstützen.