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30. Oktober 2017: Abschiebungen von Konvertit*innen in den Iran trotz Todesstrafe

Im Iran wird eine Konversion zu einer anderen Religion als dem Islam, wie etwa zum Christentum, als Abfall vom rechten Glauben (Apostasie) mit dem Tod bestraft. Es gibt eine relevante Anzahl von Asylbewerber*innen, die als konvertierte Christ*innen daher im Falle einer Abschiebung in den Iran einer lebensbedrohlichen Situation ausgesetzt sind: Das BAMF lehnt dennoch zunehmend Asylanträge von konvertierten iranischen Asylbewerber*innen mit der Begründung ab, sie hätten ihre Konversion zum Christentum nicht glaubhaft machen können. Auch Abschiebehindernisse sieht das BAMF in diesen Fällen regelmäßig nicht. Das BAMF geht davon aus, dass die iranischen Behörden die Konversionen als Strategie zur Verbesserung der Chancen auf ein erfolgreiches Asylverfahren hier in Deutschland einschätzen und daher von Strafverfolgung absehen würden.

Fragwürdig sind auch die Glaubensprüfungen, die das BAMF den Asylbewerber*innen zum Beweis der Ernsthaftigkeit ihrer Konversion zum Christentum abverlangt. In diesem Zusammenhang werden etwa „Erweckungserlebnisse“ und Ähnliches abgefragt. Das BAMF hat zwar in einem Briefwechsel zugestanden, dass es bei entsprechenden Anhörungen immer wieder zu problematischen Fragen komme. Ändern will es diese Praxis dennoch nicht. Das BAMF muss sowohl seine Entscheider*innen als auch die Dolmetscher*innen dringend besser ausbilden. Der Handlungsbedarf wird auch durch die hohe Zahl der Fälle begründet, die nach Widerspruchsverfahren vor Gericht ihre Anerkennung zugesprochen bekommen.

Ich habe beim Berliner Senat nachgefragt, ob das Land Berlin zum Christentum konvertierte Iraner*innen trotz dieser akuten Gefährdung in ihr Herkunftsland abschiebt. Die Schriftliche Frage finden Sie hier.

Insgesamt lässt sich aus der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage schließen, dass es in Berlin derzeit kaum Fälle gibt, in denen konvertierte und damit potenziell gefährdete Menschen zurück in den Iran abgeschoben werden. Fakt ist aber, dass es hier – anders etwa als bei der Gruppe der afghanischen Asylbewerber*innen, die aus Berlin aktuell nicht abgeschoben werden – keine grundsätzliche Handhabung gibt, wie mit diesen Fällen umgegangen werden soll. Möglicherweise kommen mehr dieser schwierigen Fälle auf das Land Berlin zu, da immer noch zahlreiche Gerichtsverfahren über Asylentscheidungen laufen.

Ich habe mich nun nochmals an die Leitung des BAMF gewandt, um zu fragen, auf welcher Sicherheit bzw. rechtlichen Grundlage die Einschätzung des BAMF beruht, dass iranische Staatsbürger*innen, die vor oder während ihres Asylverfahrens in Deutschland zum Christentum konvertiert sind, bei Rückführung in den Iran nicht mit dem Tod bestraft werden. Es kann nicht sein, dass Menschen aufgrund bloßer Spekulationen über das Verhalten von Behörden des Herkunftslandes der Gefahr der Todesstrafe ausgesetzt werden.

s18-12176