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2. Mai 2019: Die Rückkehr des Geschmacks – eine Ernährungsstrategie für Berlin

Fünf Großkonzerne entscheiden weltweit über unser Essen: Wie und zu welchen Bedingungen es produziert wird, was es enthält und wer daran verdient oder auch leer ausgeht. Gleichzeitig beeinflusst unsere Ernährung und unser Umgang mit dem Überfluss, den wir produzieren, Märkte in armen Ländern, zerstört andernorts Lebensgrundlagen und gehört damit zu den Fluchtursachen, über die Europa derzeit so heftig diskutiert. – Kurzum: Essen ist hoch politisch. Und Essen hat einen Wert – und den sollten wir wieder entdecken. Konkrete Ideen dafür haben ExpertInnen und Gäste beim Ernährungsratschlag diskutiert, zu dem die bündnisgrüne Abgeordnete Bettina Jarasch gemeinsam mit der Pankower Kreisvorsitzenden Nastassja Wohnhas am 2. April in ihr Kiezbüro am U-Bahnhof Vinetastraße geladen hatte.

Der
grüne Berliner Justizsenator ist auch für Verbraucherschutz
zuständig und damit Berlins erster Ernährungssenator. Seine
Staatsekretärin Margit
Gottstein
arbeitet
derzeit mit vielen Verbänden und Inis an einer Strategie für gutes
Essen und Ernährung. Ihr Vorbild dafür ist Kopenhagen, wie sie beim
Ernährungsratschlag erläuterte. Dort ist es gelungen, den
Bio-Anteil bei der Gemeinschaftsverpflegung, also in den Mensen und
Kantinen in Schulen, Behörden, Krankenhäusern und Seniorenheimen,
auf 90% zu steigern. Zudem wird in den Schulen dort sehr viel mehr
frisch gekocht als bislang in Berlin. Damit sich das auch hier
ändert, haben die Grünen durchgesetzt, dass die Küchen der
Berliner Schulen besser ausgestattet werden – damit das Schulessen
nicht nur kostenlos, sondern auch besser und gesünder wird.

Allerdings
gibt es in Berlin bereits heute mehr Nachfrage nach regionalen,
biologischen und saisonalen Lebensmitteln als es Angebot gibt. Was
muss also geschehen, damit unser Nachbarland Brandenburg mehr auf
ökologische, bäuerliche Landwirtschaft setzt? Philipp Heinze,
Gründer der
solidarischen Landwirtschafts-Initiative Sterngartenodyssee
glaubt,
dass das vor allem an fehlenden bezahlbaren Flächen für junge
Landwirte liegt. Bodenspekulationen treiben die Preise in die Höhe;
die Landwirtschaft wird immer noch von großen Monokulturen
beherrscht, die oft eher Nutzpflanzen für den Tank anbauen als für
den Teller. Seine Initiative hilft den Erzeugern, mit denen sie
kooperieren, nicht nur beim Ernten, sie garantiert ihnen vor allem
Einnahmen unabhängig von der Ernte, das betriebliche Risiko wird
also solidarisch geteilt.

Um
in Brandenburg einen Politikwechsel hin zur Förderung bäuerlicher
Landwirtschaft zu erreichen, müsste Berlin zuverlässig größere
Mengen an regional erzeugten Lebensmitteln abnehmen und dafür
Kooperationen und Plattformen schaffen. Auch das muss Ziel einer
Ernährungsstrategie sein. Turgut
Altug,
Sprecher für
Natur- und Verbraucherschutz der Grünen im Abgeordnetenhaus, setzt
dabei vor allem auf Aufklärung.
Gute Qualität, Tierschutz und faire Entlohnung sind nun einmal nicht
umsonst zu haben. Die Gesellschaft müsse sich daher fragen lassen:
Was ist uns das Essen wert? Gleichzeitig ist es Aufgabe der Politik
dafür zu sorgen, dass es gesunde, gute Lebensmittel auch für
Menschen mit niedrigen Einkommen gibt.

Intensiv
wird darüber beratschlagt, was wir in Pankow tun können, um
Bewusstsein für gute Ernährung zu schaffen. Auf große Zustimmung
stößt dabei vor allem eine Idee des Ernährungsrats Berlin: ein
Lebensmittelpunkt für Pankow
.
Lebensmittelpunkte sind Orte, an denen gemeinsam gekocht werden kann,
wo eine Verteilstation für solidarische Landwirtschaft oder auch
eine Ausgabestelle für abgelaufene Lebensmittel entstehen könnte,
um konkret etwas gegen Lebensmittelverschwendung zu tun. Eine
Volksküche könnte dort entstehen oder auch Kochkurse angeboten
werden. Dieses Projekt will der Kreisverband weiter verfolgen,
versichert abschließend Nastassja Wohnhaas.