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20. Mai 2020: Beschluss: Humanitäre Aufnahme aus Moria jetzt! Es ist genug Zeit vertan

Mittwoch, 20. Mai 2020: Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat in einem Beschluss gefordert, dass Berlin nun konsequent den nächsten Schritt gehen und eine Landesaufnahmeanordnung vorlegen muss, um endlich als Bundesland schutzbedürftige geflüchtete Menschen aus Moria aufnehmen zu können. Den Fraktionsbeschluss finden Sie hier.

Dazu Bettina Jarasch, Sprecherin der Grünen-Fraktion für Integration und Flucht: „Appelle und Angebote für eine humanitäre Aufnahme von Geflüchteten aus den griechischen Lagern gab es mehr als genug. Wenn wir es als Koalition damit ernst meinen, dann muss der Innensenator eine Aufnahmeanordnung vorlegen. Denn die bedeutet: ja, wir sind bereit, die Sache auch in die eigene Hand zu nehmen.“

Auch der Tagesspiegel berichtete darüber.

Das Land Berlin hat sich bereits vor Weihnachten bereit erklärt, Kinder aus den griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. Ein Koalitionsantrag für eine humanitäre Aufnahme nach §23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz wurde vereinbart und von den Fraktionen der Grünen und Linken verabschiedet. Innensenator Andreas Geisel hat seitdem mehrfach dem Bundesinnenministerium gegenüber beantragt, dass Berlin Menschen aus Moria aufnehmen möchte.

Grundlage für eine Landesaufnahme ist eine Landesaufnahmeanordnung, die Zielgruppe und Auswahl­procedere festlegt. Eine solche Anordnung hat Berlin bislang nicht vorgelegt. Stattdessen wartet das Land nach wie vor auf eine Antwort des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin ist nicht bereit, die Verzögerungstaktik des BMI länger hinzunehmen. Viele aufnahmebereite Bundesländer und Kommunen ebenso wie ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Kirchen, Gewerkschaften, Hilfsorganisationen und Flüchtlingsinitiativen erwarten, dass Berlin konsequent den nächsten Schritt geht. Es ist genug Zeit vertan.

Mit der Verzögerungstaktik widerspricht das BMI den Vereinbarungen zum Umgang mit humanitärer Aufnahme, die die Innenministerkonferenz in ihrer Sitzung im Dezember 2019 beschlossen hat. In dieser Sitzung hat die Innenministerkonferenz (IMK) die Bedeutung von Landesaufnahmeprogrammen als Ausdruck der humanitären Verantwortung von Bundesländern unterstrichen.

Die IMK hat außerdem vereinbart, dass der Bund das Benehmen mit den Ländern für deutsche Plätze für humanitäre Aufnahmeverfahren und Resettlement herstellt. Die Länder sollen in diesem Rahmen dem Bund ihre eigenen Pläne für humanitäre Aufnahme mitteilen, damit sie in das Pledging einbezogen werden können.

Das Land Berlin hat mehrfach, zuletzt in einem Schreiben des Innensenators vom 14. April, beim Bund die humanitäre Aufnahme nach §23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz beantragt. – Das Land hat sich bereit erklärt, in einem ersten Schritt 70 unbegleitete Minderjährige (UmF) aufzunehmen und darüber hinaus auch andere besonders schutzbedürftige Personen: insbesondere Schwangere, chronisch Kranke sowie Familienangehörige von Geflüchteten, die bereits in Berlin sind. Berlin hat die Kapazitäten dafür und kann mit den Kompetenzzentren, die durch die Haushaltsberatungen finanziell gestärkt wurden, auch die nötige psychosoziale Versorgung gewährleisten. Auch für UmF können kurzfristig weitere Plätze in betreuten Jugendwohneinrichtungen inklusive Betreuung bereit gestellt werden. Dennoch weigert sich das BMI, dieses Angebot in seine Aufnahmeaktion auf der Grundlage der Dublin III-Verordnung aufzunehmen. Lediglich 350 weitere UmF sollen noch aus Moria nach Deutschland geholt werden.

Bei derselben IMK-Sitzung wurden Kriterien für das Einvernehmen, sprich die Zustimmung des BMI zu Landesaufnahmeprogrammen festgelegt.

Das Einvernehmen dient demnach dazu, eine möglichst weitgehende Kohärenz der bundesdeutschen Aufnahme mit Programmen der Länder herzustellen. Diese Kohärenz liegt bei der beabsichtigten Aufnahme aus den griechischen Lagern offensichtlich vor: Der Bund selbst nimmt aus humanitären Gründen und Gründen europäischer Solidarität Geflüchtete aus Moria auf. Mehrere Bundesländer haben sich zudem bereit erklärt, Menschen aus griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. Das rot-rot-grün regierte Thüringen hat bereits eine Aufnahmeanordnung erarbeitet, das rot-rot-grün regierte Bremen ist daran. Die nötige Bundeseinheitlichkeit ist in Bezug auf die humanitäre Aufnahme aus Moria also faktisch längst vorhanden.

Die IMK hat vereinbart, dass Landesaufnahmeanordnungen der äußeren Form nach soweit als möglich vergleichbar zu Aufnahmeanordnungen des Bundes sein sollen, dasselbe gilt für Auswahlstandards. Um das bewerten zu können, muss das Land Berlin endlich eine Aufnahmeanordnung vorlegen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erwartet daher, dass der Innensenator unverzüglich eine Landes­aufnahmeanordnung für humanitäre Aufnahme aus Moria im Senat vorlegt.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erwartet darüber hinaus, dass der zwischen den Koalitionspartnern vereinbarte Antrag Humanität zählt – Berlin übernimmt Verantwortung: Geflüchtete aus überfüllten griechischen Lagern aufnehmen (lfd. Nr. 427) nun auch von der SPD umgehend verabschiedet und zügig ins parlamentarische Verfahren gebracht wird, um so dem Willen des Gesetzgebers Ausdruck zu verleihen. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sollten nicht allein exekutives Handeln sein, sie gehören ins Parlament.