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15. Oktober 2015: Kongress: "Raus aus dem Hamsterrad"

Zeit, um Zeit neu zu denken: Am 25. und 26. September haben wir in Berlin auf unserem Zeitpolitikkongress „Raus aus dem Hamsterrad“ neue arbeitszeit- und familienpolitische Konzepte unter die Lupe genommen. Bettina Jarasch, Mitglied im Bundesvorstand und Landesvorsitzende Berlin, und Gesine Agena, Mitglied im Bundesvorstand und Frauenpolitische Sprecherin luden ein, um die neue grüne Arbeitszeitpolitik mit Leben zu füllen.

Grüne Arbeitszeitpolitik ist einer der zentralen aktuellen Programmprozesse von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie bündelt Modelle und Maßnahmen, die darauf zielen, Zeit besser und fairer einteilen zu können und es allen zu ermöglichen, neben der Erwerbsarbeit noch genug Zeit zu haben, für sich und andere zu sorgen. Viele Menschen kennen das Gefühl, dass das alles nur schwer unter einen Hut zu kriegen ist und ständig hin- und herzuhetzen.

„Jetzt müssen wir zeigen, dass wir in einer solidarischen Gesellschaft leben wollen“

„Viele, auch wir selbst, haben uns gefragt: Ist das ein Wohlfühl- und Luxusthema? Gibt es nicht gerade jetzt, angesichts der großen Herausforderungen etwa durch die vielen Geflüchteten in Deutschland, ganz anderes zu meistern? Doch gerade jetzt müssen wir zeigen, dass wir in einer solidarischen Gesellschaft leben wollen, in der Menschen füreinander Verantwortung übernehmen – und dafür brauchen sie auch Zeit“, so Bettina Jarasch bei der Zeitpolitischen Soirée am Freitagabend, dem Auftakt des Kongresses.

Besonders deutlich wurde, dass grüne Arbeitszeitpolitik in hohem Maße Gleichstellungspolitik ist. Denn auch was die Zeiteinteilung angeht, gibt es immer noch eine große Diskrepanz zwischen den Geschlechtern: „80 Prozent der Frauen und Männer sagen, sie sind nicht zufrieden mit der Aufteilung. So wünschen sich viele Frauen mehr zu arbeiten, viele Männer wünschen sich mehr Zeit für die Familie. Aber nur 40 Prozent können das real in ihrem Leben ändern“, betonte Gesine Agena. Beispielsweise habe erst eine verbindliche Frauenquote die Unternehmen umdenken lassen. So ähnlich werde es auch mit der Arbeistzeitpolitik sein: „Das wird nicht ganz einfach.“

Das Umdenken in der Arbeitswelt ist überfällig

Überfällig ist das Umdenken jedoch – in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft. Das wurde bei der Zeitpolitischen Soirée deutlich. Während die Journalistin Susanne Lang in ihrer Key-Note einen ironisch-humorvollen Blick auf die gehetzten Menschen unserer Rund-um-die Uhr-Gesellschaft warf, zeigte das Autorenduo Stefanie Lohaus und Tobias Scholz, wie mühsam und aufwendig der Alltag einer gerecht verteilten Familien- und Erwerbsarbeit für Paare sein kann – und wie beglückend. Sie lasen aus ihrem Buch „Papa kann auch stillen“. Kontrovers diskutierten der Gewerkschafter Frank Meissner und die Koordinatorin des Projekts „Erfolgsfaktor Familie“: Wie viel Flexibilität brauchen Beschäftigte für ihr Arbeitsleben und ist dies für Unternehmen auch umsetzbar?

Beim Fachkongress am Samstag standen Instrumente zur Umsetzung grüner Arbeitszeitpolitik zur Debatte. In den acht Workshops rund um die Themen Arbeitsrecht, Gerechtigkeit, Familie, Engagement und Bildung besprachen grüne FachpolitikerInnen der Bundesfraktion, der Länder und des Bundesvorstands ihre Vorschläge mit den TeilnehmerInnen. Die Ergebnisse aus den Workshops und der darauf aufbauenden Abschlussdiskussion flossen insbesondere in den Leitantrag des Bundesvorstands für die Bundesdelegiertenkonferenz im November in Halle/Saale ein. Arbeitszeitpolitik steht dort als eines der zentralen Themen auf der Agenda.

Weiterführende Informationen

Kongress-Programm

Dokumentation des Kongresses mit Protokollen aus den Workshops und Skripten der ReferentInnen

BDK-Antrag „Beruf und Leben besser vereinbaren – mit der grünen Arbeitszeitpolitik“

Fotogalerie auf Flickr