Zum Inhalt springen

28. März 2019: Im Leben angekommen: Riesenandrang beim Fachtag Arbeitsmarktintegration

Arbeit ist zentral, um in einer Gesellschaft anzukommen. Deshalb gilt für uns: Wer hier lernen und arbeiten will, soll bleiben dürfen. Statt neue Hürden aufzubauen, ist es Aufgabe von Politik und Verwaltung, Hürden wegzuräumen und Menschen ein rasches Ankommen zu ermöglichen. Darin waren sich die Gäste aus Unternehmen und Wirtschaftschaftsverbänden, von Trägern und Integrationsprojekten, von der Bundesagentur für Arbeit und der Ausländerbehörde, Jobcoaches, Migrant*innenselbstorganisationen, Ehrenamtliche und Geflüchtete beim Fachtag der Grünen-Fraktion zum Thema Arbeitsmarktintegration Geflüchteter am 15. Februar 2019 einig. Der Andrang war riesig, die Diskussionen, Podien und Workshops mit insgesamt über 250 Teilnehmer*innen haben eindrücklich gezeigt, wie viel Kompetenz es beim Thema Integration in Berlin gibt.

Die Bundesregierung hat zwar endlich ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz vorgelegt. Von einem echten Einwanderungsgesetz ist der Entwurf der Regierung allerdings weit entfernt. Noch enttäuschender ist allerdings das Beschäftigungsduldungsgesetz: Es eröffnet kaum Perspektiven für diejenigen, die mit Duldung hier leben und arbeiten wollen, es aber nicht dürfen. Angesichts des Fachkräftemangels in nahezu allen Branchen hatten die Expert*innen beim Abschlusspodium dafür kein Verständnis: Gemeinsam forderten der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft, der DGB, der Zentralverband des Handwerks, der Paritätische Gesamtverband, die Grünen aus Berlin und Filiz Polat aus der grünen Bundestagsfraktion einen Perspektivwechsel Richtung Bleiberecht und massive Nachbesserungen an den Gesetzen.

Die Workshop-Panels

Gleichzeitig muss Berlin seine landesrechtlichen Spielräume nutzen. Dafür haben die Teilnehmer*innen beim Fachtag konkrete Vorschläge erarbeitet. Bettina Jarasch erarbeitete mit ihren Gästen Vorschläge für ein gesichertes Aufenthaltsrecht auch schon in der Berufsausbildungsvorbereitung, für weniger Beschäftigungsverbote und für eine Altfallregelung für Menschen, die mit Duldung hier leben und dennoch gut integriert sind. In Susanna Kahlefelds Workshop ging es um die Anerkennung von Berufsabschlüssen: Die Wartezeiten müssen kürzer werden, es braucht mehr Nachqualifizierung und die Anerkennung von mitgebrachten Kompetenzen. Vor allem das LAGeSo muss seine Praxis nachbessern, denn Berlin braucht dringend mehr Personal in Gesundheitswirtschaft und Pflege.

Um die Übergänge in Ausbildung und Beruf kümmerten sich Stefanie Remlinger und Sabine Bangert, und zwar sowohl aus der Berufsbildungs- als auch aus der arbeitsmarktpolitischen Perspektive. Die Hauptbefunde: Berufs- und ausbildungsbegleitende Maßnahmen müssen stärker auch für die über 25-Jährigen geöffnet werden. Berufssprachkurse und ausbildungsbegleitende Sprachkurse gehören in die beruflichen Schulen bzw. an die beruflichen Lernorte. Es braucht mehr Durchlässigkeit beim Erreichen qualifizierter Abschlüsse. Das bedeutet: mehr Modularisierung und gestufte Aus- und Weiterbildung – kein Absenken des Qualitätsniveaus.

Die Integration von Geflüchteten in die Pflege trägt zur interkulturellen Öffnung bei und verbessert so die Versorgung von Menschen, die vor vielen Jahren nach Berlin gekommen und hier alt geworden sind. Auch im Workshop von Fatoş Topaç ging es um die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Qualifizierungsstufen. Dafür braucht es flexiblere Bildungsstrukturen, die vorhandene Kompetenzen berücksichtigen. Die Teilnahme an Sprachkursen muss auch berufsbegleitend und trotz Schichtdienst ermöglicht werden und es braucht eine engere Begleitung bei der Beantragung von Ausbildungsfinanzierung, bei der Wohnungssuche und anderen lebenspraktischen Herausforderungen. Für pädagogische Berufe ist der Senat schon erste Schritte in Richtung gestuftes Programm gegangen, wie sich beim Workshop von Marianne Burkert-Eulitz zeigte. Offen ist allerdings noch die Frage, wie das dritte Ausbildungsjahr finanziert wird – oder ob man für Menschen mit pädagogischen Berufen, aber ohne Abschlüsse, eine verkürzte Ausbildung ermöglichen kann.

Fast die Hälfte der Selbständigen in Berlin haben Migrationshintergrund; bei Geflüchteten sind es allerdings sehr viel weniger. Das hat auch damit zu tun, dass die Arbeitsagenturen eher Richtung Mangelberufe beraten als Richtung Gründung und Selbständigkeit. Ein großes Problem sind die Schwierigkeiten bei der Suche nach Gründungskrediten. Die zeitlich befristeten Aufenthaltstitel stehen Kreditvergaben häufig im Weg. Daher will Nicole Ludwig als Ergebnis ihres Workshops gemeinsam mit der Investitionsbank Berlin-Brandenburg geeignete Förderinstrumente entwickeln.

Die Fraktion hat Integrationspolitik zu einem der beiden Schwerpunkte der Frühjahrsklausur am 15. März gemacht. In die Beschlüsse flossen auch Ergebnisse des Fachtags ein.

Den Veranstaltungsbericht finden Sie hier.