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30. Januar 2020: Für eine offene und diskriminierungssensible Schulkultur - Antidiskriminierung an Schulen in Steglitz-Zehlendorf

Erfahrungen mit Diskriminierung an Schule sind auch in Steglitz-Zehlendorf weit verbreitet, auch wenn sich das oft erst auf den zweiten Blick zeigt: Davon zeugten zahlreiche Wortmeldungen beim zweiten Teil der Veranstaltungsreihe Empörung reicht nicht! Antidiskriminierung an Schulen, die ich zusammen mit meinem Fraktionskollegen Sebastian Walter, Sprecher für Antidiskriminierungspolitik, auf Einladung des grünen Kreisverbands im Rahmen einer Kreismitgliederversammlung am 14. Januar gemacht habe.

Eindrucksvoll
war der Bericht von Ronit
Back
,
mittlerweile Lehrerin in Reinickendorf, über antisemitische
Diskriminierung, von der zwei ihrer Kinder an einem
Steglitz-Zehlendorfer Gymnasium betroffen waren. Anders als in vielen
Fällen von Antisemitismus, die in den letzten Jahren Schlagzeilen
gemacht haben, hat die Schulleitung in diesen beiden Fällen schnell,
klar und nach vorn gerichtet reagiert, mit dem Ergebnis, dass einer
der Täter sich danach zum Beschützer und Fürsprecher gewandelt
habe.

Eine
solche Reaktion ist allerdings leider eher die Ausnahme als die
Regel, denn viele Schulen haben Angst um ihren Ruf, wenn
Diskriminierungsfälle öffentlich werden. Auch Lehrkräfte, die sich
gegen Diskriminierung engagieren, werden allzu häufig von der
Schulleitung nicht unterstützt. Das bestätigte auch Aliyeh
Yegane
,
Leiterin der Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen
(ADAS). 250 Betroffene haben sich von 2016 bis 2018 an ADAS gewendet.
Dabei ging in zwei Dritteln aller Fälle die Diskriminierung nicht
von Schüler*innen, sondern von der Schule aus, häufigste Form der
Diskriminierung sei Rassismus. Yegane verwies besondes auf die
Problematik der Täter-Opfer-Umkehr: Gerade wenn Schule nicht
frühzeitig und konsequent auf jede Form von Diskriminierung
reagiert, werden Opfer von Diskriminierung selbst zu Täter*innen.

Ulrike
Kipf
,
Vorsitzende des Bezirkselternausschusses, forderte insbesondere mehr
Elternarbeit, mehr Präventionsarbeit und ein Melde- und
Beschwerdesystem, das Betroffene nicht an den Pranger stellt. Denn
Diskriminierung geht nicht spurlos an Menschen vorbei. Oft verlassen
die betroffenen Kinder, Jugendlichen oder Lehrer*innen die Schule,
Diskriminierung kann aber auch zu psychischen oder Suchterkrankungen
führen, zu Schuldistanz und sogar zum Suizid.

Konsens
der anschließenden intensiven Debatte war: Es braucht eine andere
Schulkultur im Umgang mit Diversität. Dazu braucht es systematische
Schulentwicklung, die allerdings alle Akteur*innen einbeziehen
sollte, die bereits vor Ort gegen Diskriminierung arbeiten: ob
Vertrauenslehrkräfte oder Kriseninterventionsteams,
Schulsozialarbeit oder Diversitybeauftragte.

Mehr
Raum für Demokratiebildung und Ethik, sowohl im Lehrplan als auch im
Austausch zum Beispiel in Klassen, AGs oder Gremien wie dem
Schüler*innenrat kann alle an Schule Beteiligten für
Antidiskriminierung sensibilisieren, damit Schüler*innen in der
Schule zu mündigen Menschen erzogen werden, die Vorurteilen entgegen
treten und selbst urteilsfähig werden.

Als Grüne auf Landesebene haben wir erreicht, dass im Haushalt 2020/21 der Antidiskriminierungsbeauftragte der Bildungsverwaltung, Dervis Hizarci, und die Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen (ADAS) finanziell gestärkt wurden. Wir haben außerdem mehr Gelder für diskriminierungskritische Schulentwicklung organisiert und verabschieden demnächst im Plenum das bundesweit erste Landesantidiskriminierungsgesetz. Außerdem setzen wir uns für eine Fachstelle für intersektionale Pädagogik ein und für eine unabhängige Beschwerdestelle für Diskriminierung im Schulwesen, die als niedrigschwellige Anlaufstelle beim Parlament angesiedelt sein und die Arbeit des Antidiskrimierungsbeauftragten in der Bildungsverwaltung ergänzen soll.

Fazit: Wir brauchen eine offene und diskriminierungssensible Schulkultur in Berlin

Konsens der Diskussion im Fishbowol-Format war: Wir brauchen eine
offene und diskriminierungssensible Schulkultur. Diese kann nicht von
Einzelakteur*innen, wie Antidiskriminierungsbeauftragten, umgesetzt
werden. Ein neues Schulklima, das sich konsequent gegen Diskriminierung
und Ausgrenzung engagiert, muss eine Frage der Schulentwicklung werden.
Weitere Bausteine sind präventive Arbeit, ein gutes internes
Beschwerdemanagement an Schulen und die Zusammenarbeit mit externen
Anlaufstellen und kompetente Diversitybeauftragte an Schulen.

Als Grüne Fraktion im Abgeordnetenhaus Berlin haben wir erreicht,
dass im Haushalt 2020/21 die Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an
Schulen (ADAS) finanziell gestärkt wurde. Das
Landesantidiskriminierungsgesetz, das aufgrund unserer Initiative in der
Abstimmung mit den Koalitionspartner*innen ist, wird bald erwartet.
Außerdem setzen wir uns weiterhin für eine Fachstelle für
intersektionale Bildung und eine Unabhängige Beschwerdestelle für
Diskriminierung im Schulwesen ein.

Die Veranstaltungsreihe basiert auf unserem Positionspapier „Empörung reicht nicht! Antidiskriminierung an Schulen in Berlin“, welches Sie hier nachlesen können.

Weiterführende Unterlagen zum Thema Antidiskriminierung an Schulen: